Sie haben im vergangenen Herbst das Amt des Verwaltungsratspräsidenten bei den gbm übernommen. Was war Ihre Motivation, diese Aufgabe zu übernehmen und wo sehen Sie die Schwerpunkte Ihrer Tätigkeit in den kommenden Jahren bzw. welche Impulse möchten Sie setzen?
Meine Motivation, das Amt des Verwaltungsratspräsidenten der gbm zu übernehmen, liegt in meiner Überzeugung, dass integrierte Energieversorger wie die gbm eine Schlüsselrolle bei der Umsetzung der Energiewende spielen. Dementsprechend liegt der Fokus des gesamten Unternehmens auf dem Ausbau des Fernwärmenetzes. Wir müssen innerhalb der politischen Rahmenbedingungen das Gasnetz stilllegen und das Fernwärmenetz bereitstellen. Das ist für eine Gemeinde wie Muri-Gümligen ein Infrastrukturprojekt von enormer Tragweite.
Warum ist für Sie als Verwaltungsratspräsident die Entscheidung der gbm, künftig auf Fernwärme zu setzen, richtig?
Der Auftrag an die gbm ist klar: Umstellung der Wärmeversorgung der Gemeinde von fossilen auf erneuerbare Energieträger. Eine Prüfung von Varianten hat klar ergeben, dass Fernwärme auch wirtschaftlich der interessanteste Ansatz ist.
Der Gemeinderat und die gbm haben bereits 2019/20 die strategische Ausrichtung bei der Wärmeversorgung der Gemeinde vorgegeben: Dekarbonisierung. Das bedeutet: Weg von fossilen, hin zu nachhaltigen, erneuerbaren Wärmeträgern. Gab es für die gbm auch Alternativen zur Fernwärme als Ersatz für Erdgas?
Es gibt eigentlich keine Gemeinde, die weiterhin auf das Gasnetz setzt in der Hoffnung, genügend erneuerbares Gas einkaufen zu können. Verschiedene Studien haben gezeigt, dass das Potenzial in der Schweiz nicht ausreicht. Das wenige erneuerbare Gas, das in der Schweiz produziert werden kann, wird für industrielle Prozesse benötigt. Für die Erzeugung von Niedertemperatur-Raumwärme ist es zu wertvoll.
Welchen Nutzen bringt der Auf- und Ausbau eines Fernwärmenetzes in der Gemeinde Muri-Gümligen für die Bevölkerung insgesamt?
Viele Einwohnerinnen und Einwohner, die bisher mit dem leitungsgebundenen Energieträger Gas geheizt haben, werden nun neu eine «Heizung aus der Strasse 2.0» bekommen. Der Anschluss an das Fernwärmenetz ist viel günstiger als die Installation einer eigenen Heizung in seinem Haus. Ausserdem ist die Verfügbarkeit ein Mehrfaches grösser als bei einer eigenen Heizung. Billiger – sicherer – platzsparend – erneuerbar – das sind sicher die wichtigsten Vorzüge einer Fernwärmeversorgung.
Das umweltfreundliche technische Konzept des Fernwärmenetzes in Muri-Gümligen trägt zu einer deutlichen Reduktion der CO2-Emissionen bei und zu einer Verbesserung der Luftqualität. Die Ressourcen werden effizienter genutzt, was die Energieverschwendung und damit den lokalen Energieverbrauch reduziert. Zudem wird durch den Bau, Betrieb und Unterhalt die lokale Wirtschaft unterstützt.
Welche Bedeutung hätte ein Verzicht auf den Auf- und Ausbau eines Fernwärmenetzes für die Gemeinde und die gbm?
Die gbm betreiben ja bereits verschiedene Nahwärmenetze. Für den Fall, dass kein grosser Zusammenschluss realisiert werden könnte, würden wir diesen Weg der kleinen Schritte weiterverfolgen. Es wäre dann aber auch klar, dass die politischen Vorgaben zur Umstellung auf erneuerbare Energien in der Gemeinde so nicht erreicht werden könnten.
Nach welchen Kriterien erfolgt der Auf- und Ausbau des Fernwärmenetzes bzw. wie wird festgelegt, in welchen Gebieten das Fernwärmenetz auf-/ausgebaut wird?
Vorrangig werden Gebiete mit einer hohen Energiedichte erschlossen. Zum Beispiel der Thoracker. In einer zweiten Phase erfolgt die so genannte Verdichtung. Entlang der Versorgungsleitungen für die grossen Absatzgebiete werden dann auch kleinere Bezüger angeschlossen. Ziel ist es, in den nächsten 10 Jahren bis zu 68% der Wärmebezügerinnen und -bezüger an das Netz anzuschliessen.
Die gbm bauen das Fernwärmenetz selbst und verzichten auf einen Contractor. Welche Vorteile hat das für das Unternehmen?
Die definitive Finanzierungslösung steht noch nicht fest. Der Weg, das Netz ohne Contractor aufzubauen, hat für die Gemeinde unter anderem den Vorteil, dass der Ertrag aus dem Verkauf von Wärme in der Gemeinde bleibt. So können wir Geld erwirtschaften, um den Rückbau des Gasnetzes zu finanzieren. Diese ohnehin anfallenden Kosten müsste die Gemeinde selbst tragen, ohne Einnahmen generieren zu können.
Auch für den Einsatz und die Nutzung von Fernwärme werden Energieträger benötigt. Wie ist aus Ihrer Sicht die Versorgungssicherheit bei Fernwärme im Vergleich zu anderen Heizwärmelösungen zu beurteilen?
Ein Fernwärmenetz bietet den Vorteil, flexibel auf die Preissituation bei den Energieträgern reagieren zu können. Im Endausbau soll sich der Energiemix in Muri-Gümligen aus den folgenden Energieträgern zusammensetzen:
Grösser 65 % Umweltwärme über eine Tiefengrundwasser-Heizzentrale mittels Wärmepumpen, ca. 25% aus einer weiteren, mit Holzschnitzeln betriebenen Heizzentrale und ergänzend an sehr kalten Wintertagen < 10 % mit Bio-/Erdgas. Durch den Mix aus verschiedenen Wärmequellen wird die Versorgungssicherheit stark erhöht.
Wie beurteilen Sie die Zukunftsfähigkeit der Fernwärme? Vermögen Sie bspw. bereits heute weitere mögliche Potenziale dieser Wärmetechnologie für die gbm und die Gemeinde Muri b. Bern erkennen?
Die Gemeinde ist in der glücklichen Lage, ein riesiges Potenzial an erneuerbarer Energie aus dem Tiefengrundwassersee vor der Haustüre zu haben. Zusammen mit verschiedenen Photovoltaikanlagen, die zusammengeschaltet werden können, rückt die Vision, die Gemeinde zu 100 % mit erneuerbarer Energie zu versorgen, in greifbare Nähe.
Welches sind aus Ihrer Sicht die grössten Vorteile von Fernwärme für die Bezügerinnen und Bezüger?
Kurz gesagt: Fernwärme ist für die Bezügerinnen und Bezüger ein Rundum-Sorglospaket. Sie erhalten erneuerbare Heizwärme, ohne sich um den Betrieb, den Unterhalt und allfällige Störungen der Anlage kümmern zu müssen – und dies zu einem unschlagbar günstigen Preis. Zudem bleibt die Wertschöpfung in der Gemeinde.